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Beitragsbild: Pexels / Olya Kobruseva

Nachhaltigkeit als Thema in Sozialen Medien

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Fridays for Future auf der einen Seite, extrem kurzlebige Fast-Fashion-Trends beim Online-Shopping auf SHEIN und Hauls (Videos über die neusten Einkäufe) auf der anderen Seite: Geht es um Nachhaltigkeit stoßen wir in Social Media auf Extreme und Widersprüche.

Doch wie begegnet uns das Thema Nachhaltigkeit allgemein in den Sozialen Netzwerken? Wie kommunizieren wir über Klima- und Umweltschutz, Ressourcen und Verschwendung? Und (wie) können wir Instagram, TikTok & Co nutzen, um eine nachhaltige Lebensweise zu fördern?

In den vergangenen Jahren haben sich einige Studien mit diesen und weiteren Fragestellungen auseinandergesetzt. Aus diesen lassen sich folgende wesentliche Erkenntnisse ziehen:

Ereigniszentriertheit

Nachhaltigkeit, Klimawandel, Umwelt- und Artenschutz werden von den Medien – sowohl von den Social Media wie den klassischen Medien (Fernsehen, Radio, Zeitung …) vor allem dann thematisiert, wenn wichtige Ereignisse auftreten, die im Zusammenhang mit Umweltschäden und Klimawandel stehen. Beispiele dafür sind Flutkatastrophen, Großbrände und Dürren, die durch den Klimawandel vermehrt auftreten.

Ohne ein Ereignis, also ohne einen konkreten Anlass, werden Nachhaltigkeitsthemen seltener in den Fokus gerückt.

Konsumfokus

Wird in Social Media nicht anlassbezogen über Nachhaltigkeit gesprochen, so geht es vor allem um den Kauf von Produkten, die vegan, fair trade und-/oder weniger umwelt- bzw. klimaschädlich sind. Es geht also nach wie vor um Konsum und darum, Kaufanreize zu schaffen.

Probleme statt Lösungen

Wird über Nachhaltigkeit und die Folgen des menschlichen Handels gesprochen, geht es vor allem um die Probleme. Lösungsansätze, wie bspw. auf die Gefahren des Klimawandels reagiert werden kann oder wie weiteren Risiken vorgebeugt werden kann, werden selten angesprochen. Dies gilt vor allem für den deutschsprachigen Raum. Das kann dazu führen, dass sich die Userinnen und User macht- und hilflos fühlen und resignieren.

Identifikation mit dem Thema

Ob uns Userinnen und User ein Beitrag über Klima und Umwelt berührt und uns anregt, uns mit dem Thema zu beschäftigen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Allgemeine Themen und Berichte sind für die meisten Userinnen und User weniger spannend. Hat das Thema aber einen lokalen Bezug zu der Region, in der eine Userin / ein User lebt, ist die Identifikation mit dem Thema leichter und die Problematik wird als relevanter eingeschätzt. Um Menschen für die Auswirkungen eines umwelt- und klimaschädigenden Handelns zu sensibilisieren und sie zu einer nachhaltigeren Lebensweise zu motivieren, ist es daher wichtig, deutlich zu machen, dass Klimawandel, Artensterben und ähnliches direkt „vor der Haustür“ stattfinden und auch Auswirkungen auf das eigene Leben haben (können).

Ob sich Userinnen und User von einem Thema angesprochen fühlen oder ablehnend reagieren, hängt in den Sozialen Netzwerken aber nicht nur von dem eigentlichen Beitrag ab, sondern auch wie über diesen gesprochen wird: Kommentare, Likes und Re-Postings vermitteln eine Art Wertung des Themas und damit eine scheinbare soziale (In-)Akzeptanz. Das beeinflusst, ob jemand das Thema als wichtig oder falsch und irrelevant wahrnimmt. Gibt es unter einem Post zuerst negative Kritik und Ablehnung, verfestigt sich das leicht als mehrheitliche Meinung zum Thema und nur wenige Userinnen und User äußern dann eine andere Meinung. Erhält ein Beitrag aber viele Likes und positive Kommentare, wird das Thema als wichtiger wahrgenommen und motiviert leichter dazu, sich selbst mit der Problematik auseinanderzusetzen und sein eigenes Verhalten zu überdenken. Wir können durch unsere eigenen Kommentare also aktiv dazu beitragen, wie ein Thema in den Sozialen Netzwerken wahrgenommen wird.

„Relevanz erkennen“ heißt nicht automatisch „aktiv werden“

Viele sind sich der Gefahren des umwelt- und klimaschädlichen Handelns der Menschheit bewusst und sehen es als Problem, das es zu lösen gilt. Das bedeutet Studien zufolge jedoch nicht, dass diese Menschen auch selbst aktiv werden und nachhaltiger handeln.

Für viele ist es bereits eine Hemmschwelle, sich durch Aktivitäten in Sozialen Netzwerken für eine nachhaltiger handelnde Gesellschaft einzusetzen. Posts zu Nachhaltigkeit werden oft eher passiv konsumiert, aber selten geteilt oder kommentiert – und noch viel seltener werden eigene Beiträge zum Thema veröffentlicht.

Für die Medienpädagogik bedeutet das, die Eigenaktivität zu fördern, anzuregen, sich für eine nachhaltige Lebensweise einzusetzen – sowohl im Kleinen (bspw. durch Teilen von Posts) als auch im Großen (durch Aktionen, eigene Posts, bewusster Konsum und bewusster Wechsel zu nachhaltigeren digitalen Produkten).

Quellen und weiterführende Informationen

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit & Umweltbundesamt (Hrsg.). (2022). Zukunft? Jugend fragen! 2021. https://www.bmuv.de/publikation/zukunft-jugend-fragen-2021

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit & Umweltbundesamt (Hrsg.). (2021). Zukunft? Jugend fragen! 2020. https://www.bmuv.de/publikation/zukunft-jugend-fragen-umwelt-klima-politik-engagement-was-junge-menschen-bewegt

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit & Umweltbundesamt (Hrsg.). (2018). Zukunft? Jugend fragen! 2017. https://www.bmuv.de/publikation/zukunft-jugend-fragen

Kalch, A. (2022, 26. April). Können Medien zur Nachhaltigkeit motivieren? – Die Wirkung von Medieninhalten auf Rezipientinnen und Rezipienten [Vortrag]. 22. Gautinger Internettreffen: “Nachhaltigkeit und Medien”. Gauting, Deutschland. https://www.studioimnetz.de/projekte/gautinger-internettreffen/rueckblick-2022/

Kalch, A., Bilandzic, H., Sappler, A. & Stellinger, S. (2021). Am I responsible? The joint effect of individual responsibility attributions and descriptive normative climate messages on climate mitigation intentions. Journal of Environmental Psychology, 78. https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2021.101711

Kalch, A. & Bilandzic, H. (2021). Die Medien und das Klimaengagement in Deutschland: Der Einfluss medialer Informationen auf individuelles Klimahandeln. In M. Schmidt & H. Zapf (Hrsg.), Environmental Humanities. Beiträge zur geistes- und sozialwissenschaftlichen Umweltforschung (S.213-233). Göttingen: V+R unipress.

Mavrodieva, A. V., Rachman, O. K., Harahap, V. B. & Shaw, R. (2019). Role of Social Media as a Soft Power Tool in Raising Public Awareness and Engagement in Addressing Climate Change. Climate, 7(10), 122. https://doi.org/10.3390/cli7100122

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